Salzlacken

Zwischen dem Ostufer des Neusiedler Sees und dem Hanság liegen rund 45 Lacken, die auch den Charakter des Seewinkels mitprägen. Ein extremer Lebensraum, der für eine einzigartige Fauna und Flora sorgt.

Vorkommen

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Salzlacken findet man im europäischen Binnenland nur mehr im Seewinkel und in Zentralungarn. Auf anderen Kontinenten gibt es zum Teil noch sehr große derartige Gewässer – etwa in Asien in Kasachstan und der Mongolei, in Afrika in der Etoscha-Pfanne oder in Australien. Weltweit ist die Anzahl solcher Gebiete allerdings sehr gering, was die Erhaltung solch einzigartiger Lebensräume besonders wichtig macht.

Entstehung

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Für die das Ostufer des Sees begleitenden Lacken nimmt man an, dass ihre Entstehung mit dem Seedamm zusammenhängt. Sedimente aus dem Seeboden wurden hier durch Strömung und Eisstoß abgelagert. Eine Lücke im Seedamm führte schließlich zur Auswaschung einer landseitig gelegenen Senke – die Grundlage für eine Lackenmulde.

Die Lacken des zentralen Seewinkels sind wesentlich älter als der See selbst. Nach der heute anerkannten Theorie des Salzburger Geographen Helmut Riedl bildeten sich während der Würm-Eiszeit vor rund 115000 bis 10000 Jahren im Seewinkel große Eislinsen, sogenannte Pingos, die eine Schotterablagerung durch die Donau verhinderten. Nach dem Abschmelzen dieser Eislinsen blieben so seichte Mulden, die sich mit Wasser füllten.

Um die Entstehung der Salzlacken zu erklären, muss man rund 13 Millionen Jahre zurückgehen, als das ganze Gebiet noch vom Meer bedeckt war. Erst durch die Ablagerung gewaltiger Sedimentmassen erfolgte der Rückzug des Meeres nach Osten. Danach konnte sich während der letzten Zwischeneiszeit bei wüstenhaftem Klima ein salzführender Bodenhorizont bilden. Von diesem gelangte mit dem aufsteigenden Grundwasser durch die Kapillarwirkung Salz an die Oberfläche.

Zur Erhaltung der Seewinkel-Lacken trägt deren periodisches Austrocknen bei. Nach unten hin ist der Lackenboden dicht. Steht dort das Grundwasser von unten an, wird durch die Kapillarwirkung Salz in das Salzlacken-System nachgeliefert. Reißt durch Absenkung des Grundwasserspiegels diese Verbindung ab, süßt die Lacke aus und droht zu verschwinden. Da sich die Lacken in chemischer Hinsicht und durch ihr unterschiedliches Bodensubstrat unterscheiden, ist die Erhaltung jeder einzelnen Lacke ein wichtiges Naturschutzziel.

Extremer Lebensraum

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Im Wechsel der Jahreszeiten schwanken diese salzhaltigen Gewässer zwischen 70 cm Tiefe und völliger Austrocknung. Vor allem die Niederschläge im Herbst und Winter gleichen die starke Verdunstung durch Wind und Sonne aus. Die meisten der ursprünglich mehr als 100 Lacken gingen durch menschliche Eingriffe verloren, einige sind verlandet.

Bei sinkendem Wasserspiegel steigt die Salzkonzentration im Lackenwasser. Der sogenannte «Sodaschnee» am trockenen Lackenboden besteht hauptsächlich aus Natriumkarbonat (Na2CO3), es kommen aber auch Glaubersalz (Na2SO4), Bittersalz (MgSO4) und Kochsalz (NaCl) vor.

Nicht nur der Wechsel von Wasserstand und Salzgehalt, auch das Temperaturgefälle zwischen Tag und Nacht machen Lacken kurz vor dem Austrocknen zu extremen Lebensräumen: Schwankungen von bis zu 20°C sind dann die Regel.

Tiere & Pflanzen

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Die Salzlacken des Seewinkels haben eine einzigartige Vegetation hervorgebracht. Halophyten, also Pflanzen, die an die salzigen Bedingungen angepasst sind, finden in diesem Lebensraum beste Bedingungen. So wachsen im Randbereich dieser Gewässer Pflanzenarten, deren nächsten Verwandten an den Meeresküsten zu finden sind: etwa die Pannonische Salzaster, der Queller, die Salzmelde oder die Salzkresse.

Ist der Salzgehalt einer Lacke niedrig – ein mehr oder weniger stark ausgeprägter Schilfbestand an einer Lacke kann ein Hinweis auf Aussüßung sein – ist der Konkurrenzvorteil der Salzpflanzen allerdings dahin. Dann können «Allerweltspflanzen» einwandern, es bildet sich eine Humusschicht und die Lacke verschwindet.

Die seichten Gewässer und ihre Uferbereiche dienen einer Vielzahl von Vögeln als Nahrungsrevier. Typische Bewohner der stark salzigen Lacken sind etwa Säbelschnäbler oder Seeregenpfeifer, die hier ihr einziges Brutvorkommen in Österreich haben. Ebenso brüten Rotschenkel, Uferschnepfen und Kiebitze in diesen Gebieten. Sind die Wasserstände hoch, eignen sich die Lacken auch als Brutplatz für Zwerg- und Schwarzhalstaucher.

Kampfläufer, Alpenstrandläufer, Sichelstrandläufer oder Sandregenpfeifer ziehen lediglich durch. Möwen, Seeschwalben und Reiher suchen hier nach Fressbarem. Je nach Wasserstand spielen die Gewässer auch für verschiedene Enten- und Gänsearten eine Rolle.